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Unterschätzte Asbest-Exposition: Viele Heimwerker bringen sich unbewusst in Gefahr

„Warnung vor ‚Asbest-Welle‘: 9,4 Mio. Wohnhäuser in Deutschland sind ‚Asbest-Fallen‘ bei Sanierung“ – unter diesem Titel veröffentlichte die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) kürzlich eine Pressemitteilung und startete eine Informationsoffensive zum Thema Asbest. Viele Medien berichten seitdem verstärkt über die Gesundheitsrisiken bei Sanierungen – so auch das Göttinger Tageblatt. Im GT-Beitrag vom 21. August 2023 kommt der Göttinger Kreishandwerksmeister Christian Frölich zu Wort und rät dazu, nicht in Panik zu verfallen und bei geplanten Sanierungen von älteren Häusern Fachleute zu Rate zu ziehen.

Als Spezialist auf dem Gebiet der Asbest-Analyse und mit mehr als 30 Jahren Branchenerfahrung begrüßen wir den breiten Vorstoß der IG BAU und die momentan große öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Asbest. Dass Angst kein guter Ratgeber ist, können wir bestätigen. Gleichzeitig ist eine umfassende Aufklärung zum Gefahrstoff Asbest aber wichtig, damit niemand sich oder andere unwissend in Gefahr bringt. Daher möchten wir noch einige aus unserer Sicht wichtige Ergänzungen zur aktuellen Berichterstattung machen.

Nicht nur bei großen Sanierungsmaßnahmen kann Asbest freigesetzt werden

Dass beim Entfernen eines Welldaches, beim Austausch von Dämmmaterial oder beim Einreißen von Wänden Asbestfasern in die Luft gelangen können und zur Gesundheitsgefahr werden, ist inzwischen vielen bekannt. Es ist aber nicht zwangsläufig ein großer Umbau nötig, um den Gebäudeschadstoff aufzuwirbeln. Auch kleine Schönheitsreparaturen und typische Arbeiten beim Einzug in eine neue Wohnung können Asbest ans Tageslicht befördern.

Asbestgefahren beim Heimwerken – typische Expositions-Beispiele

Unterschätzte Asbest-Exposition: Viele Heimwerker bringen sich unbewusst in GefahrOb man frisch eingezogen ist oder einfach Lust auf eine Veränderung hat – kleine Reparaturen und Verschönerungsmaßnahmen erledigt man gern einfach selbst. Bei Häusern mit Baujahr vor 1993 ist dabei aber Vorsicht geboten. Hier ein paar Heimwerker-Szenarien, bei denen Asbest freigesetzt werden kann – jeweils mit Angabe der daraus resultierenden Konzentration von Asbest-Fasern in der Atemluft:

  • Tapete abreißen – (bei 10–20 % Flächenanteil) Asbestspachtel: Größenordnung 5.000 Fasern/m³ (siehe Schäffner, Forum Asbest, HdT Essen 2009)
  • Loch in die Wand bohren – Asbestspachtel: Größenordnung  8.600 Fasern/m³ (siehe Schäffner, Forum Asbest, HdT Essen 2009)
  • Loch in eine Fliese bohren – Asbestspachtel: Größenordnung 36.000 Fasern/m³ (siehe Hiltpold, Forum Asbest, HdT Essen 2014)
  • Abschlagen einzelner Fliesen – Asbestspachtel: Größenordnung 77.000 Fasern/m³ (siehe Hiltpold, Forum Asbest, HdT Essen 2014)
  • Asbest-Spachtel abschleifen – Asbestspachtel: Größenordnung 1,5 Mio. Fasern/m³ (siehe Dr. Berg, Forum Asbest, HdT Essen 2009)
  • Asbest-Fliesenkleber abschleifen – Asbestspachtel: Größenordnung 1,5 Mio. Fasern/m³ (siehe Hiltpold, Forum Asbest, HdT Essen 2014)

Fazit:

In jedem Fall ist der zulässige Grenzwert von 500 Fasern pro m3 Luft, wie er z.B. für eine ‚Freigabemessung‘ nach einer Sanierung gilt, weit überschritten. Auch die Grenzwerte für Arbeiten mit geringer Exposition am Arbeitsplatz (TRGS 519) von 10.000 Fasern pro m3 Luft und für Arbeiten geringen Umfangs während einer Sanierung (TRGS 519) von 100.000 Fasern pro m3 Luft werden bei den meisten unsachgemäß durchgeführten Heimwerker-Arbeiten verletzt.

Heimwerker verfügen nicht über geeignete Ausrüstung

Der Umgang mit asbesthaltigen Materialien erfordert neben der entsprechenden Sachkunde auch eine spezielle Schutzausrüstung und geeignete Gerätschaften. Wie Herr Frölich im GT-Artikel richtig äußert, reichen Schutzmaske und Handschuhe nicht aus, um Tätigkeiten im Zusammenhang mit Asbest sicher durchzuführen. Zudem sind die nötigen Geräte für Privatpersonen meist nicht zugänglich. So sind beispielsweise Asbest-geeignete H-Staubsauger im Baumarkt gar nicht erhältlich und würden mindestens 900 Euro kosten. Um sich und seine Mitmenschen zu schützen, sollten Arbeiten an asbestbelasteter Bausubstanz daher zwingend von qualifiziertem Fachpersonal durchgeführt werden.

Asbest steckt in mehr Baustoffen, als viele denken

Wer Asbest hört, denkt oft an Welldächer, Dämmmaterial oder vielleicht noch an alte Nachtspeicheröfen. Aber der Gefahrstoff steckt in weitaus mehr Baustoffen. Elektro-Isolationen, Fliesenkleber, Fensterkitt, Fußbodenbeläge, Putz, Spachtelmassen, Farben, Beschichtungen, Brandabschottungen, Rohre und viele weitere Materialien können Asbest enthalten und freisetzen, sobald sie brüchig oder bearbeitet werden. Einen Überblick zu Asbestvorkommen im Haus können Sie sich in unserer interaktiven Infografik verschaffen: https://www.crb-gmbh.com/de/info-grafik-wo-ist-asbest-im-haus.

Gewissheit, ob im eigenen Haus Asbest vorkommt, bringt nur eine professionelle Asbest-Analyse. Diese sollte stets durchgeführt werden, bevor Veränderungen an älteren Gebäuden umgesetzt werden – egal, ob große Sanierung oder kleine Schönheitsreparatur.

Mehr Fragen zum Thema Asbest und Asbest-Analyse?

Bei weiteren Fragen sowie für Interviews zu Asbest stehen wir Ihnen gern als Ansprechpartner zur Verfügung. Melden Sie sich bei Interesse gerne direkt bei Dr. Stefan Pierdzig, Laborleiter der CRB Analyse Service GmbH, unter +49 (0) 5505-9409813 oder per E-Mail an: labor@crb-gmbh.de.

Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Gefahrstoff Asbest sowie informative Erklärvideos finden Sie ebenfalls in unserem FAQ-Bereich